Ausblick 2015: "Wir sehen da noch Potenzial"

Presstec-Chef Alexander Blättner über Chancen in den USA, Kostendruck in der Autobranche und die Zusammenarbeit von Presstec und Presscontrol in der Gruppe

Datum: 02/03/2015 11:08am
Kategorien: Interview, Ausblick
Ausblick 2015: "Wir sehen da noch Potenzial"

Immer in Bewegung bleiben! Alexander Blättner ist für Stillstand nicht geschaffen. Also haben wir uns mit ihm zu einem Interview mit Spaziergang verabredet. Los geht es am großen Tor der neuen Halle, in der früher einmal Großvater Hermann Blättner seine unternehmerische Erfolgsgeschichte begonnen hat. Seit dem Frühjahr ist die Halle wieder im Firmenbesitz – denn Alexander Blättner hat große Pläne …

Hallo Herr Blättner! Es muss ein tolles Gefühl sein, wenn man die Immobilie erwerben kann, mit der sich Ihr Großvater seinerzeit um das deutsche Wirtschaftswunder verdient gemacht hat …
Alexander Blättner: Aber klar! Das ist schon eine schöne Geschichte für uns – auch deshalb natürlich, weil Halle und Grundstück direkt an unser bisheriges Firmengelände angrenzen.

Ich habe für die Vorbereitung dieses Interviews ein bisschen gegoogelt – wenn man den Namen Ihres Großvaters eingibt, stößt man auf Pressen aus den 1960er-Jahren, die als Gebrauchtgeräte noch heute gehandelt werden.
Blättner: Mein Großvater war der erfolgreichste Schmiedepressenhändler seiner Zeit in Europa. Der Erfolg kam in der Nachkriegszeit, als die deutsche Industrie wieder aufgebaut wurde und Schmiedepressen sehr gefragt waren. Die Nachfrage war größer als das Angebot an gebrauchten Maschinen und daher übernahm mein Großvater bald auch Vertretungen für Schmiedepressenhersteller wie Šmeral und bot seinen Kunden auch neue Maschinen an.    

Ich finde es spannend, dass es diese Maschinen noch gibt und dass sie immer noch funktionieren.
Blättner: Pressen sind einfach anders als zum Beispiel Zerspanungsmaschinen. Vor allem die großen Anlagen mit mehr als 500 oder sogar 1000 Tonnen Presskraft sind von ihrer Maschinenbausub-stanz her so massiv und so dauerfest – wenn Sie regelmäßig die Verschleißteile ersetzen, kann so eine Maschine im Prinzip ewig laufen. Es kann sich auch heute noch durchaus rechnen, eine alte Maschine zu kaufen, dann vielleicht den Antrieb zu überholen und die Pneumatik, Steuerung und Schmierung neu zu machen – schon können Sie loslegen.

Nun haben Sie diese altehrwürdige Halle samt Grundstück sicher nicht nur aus Gründen der Familientradition gekauft, oder?
Blättner: Die Halle kommt genau zur rechten Zeit. Wir sind dabei, stark zu expandieren und brauchen Platz für die Montage. Wir haben
jetzt 4000 Quadratmeter Montagehalle und verfügen über Kran-kapazitäten von bis zu 100 Tonnen.

Warum entwickelt sich Presstec so stark? Der Markt an sich zeigt deutlich weniger Dynamik.
Blättner: Bei uns boomt vor allem der Produktbereich Service in der Umformtechnik. Unsere Kunden sind hier die mittelständischen Zulieferer ebenso wie die großen Automobilkonzerne, die mit ihren Produkten und Prozessen zwar weltweit führend sind, aber auch unter einem enormen Kostendruck stehen. Wir haben vorhin ja schon über die Langlebigkeit von Pressen gesprochen – und das kommt uns in diesem Bereich sehr zu Gute. Es ist einfach günstiger, vorhandene Umformtechnik zu modernisieren und den bereits abgeschriebenen Maschinenpark noch einmal acht, zehn oder auch fünfzehn Jahre weiter zu nutzen.
 
Gilt das auch für die ganz großen Anlagen?
Blättner: Lassen Sie mich versuchen, Ihnen ein Gefühl für die Größenordungen zu geben: Bei einer GT-Presse liegt das Neu-Invest bei rund 250 Millionen Euro. Wenn man so eine Anlage modernisiert, reden wir über 20 bis 30 Millionen Euro. Und auch wenn eine neue Anlage drei alte Linien ersetzen kann – das Delta ist dann immer noch ein dreistelliger Millionenbetrag.

Das ist nachvollziehbar. Dennoch bleibt die Frage, warum so viel Geschäft zu Ihnen kommt. Es gibt schließlich auch noch den einen oder anderen Wettbewerber in diesem Markt.  
Blättner: So viele Anbieter sind es gar nicht. Der Modernisierungsbedarf ist gerade bei großen Anlagen, bei Stufenumformsystemen, Pressenstraßen und GT-Pressen erheblich. Um in diesem Markt aber ein verlässlicher Partner von Unternehmen wie Volkswagen, Mercedes-Benz oder BMW zu sein, müssen Sie alle technischen Disziplinen abdecken: vom Mechanisierungs-Know-how über Zerspanung, Schweißtechnik, Hydraulik, Pneumatik und Elektrotechnik. Gleichzeitig müssen Sie eine qualifizierte Mannschaft an Bord haben, müssen über ein gutes Projektmanagement verfügen und last but not least die entsprechende Kapitalstärke haben. Es gibt in Europa nicht mehr sehr viele Anbieter, die all das aus einer Hand anbieten können.

Klingt beneidenswert. Auf der anderen Seite aber braucht es für das Wachstum auch zusätzliche Fachkräfte.
Blättner: So gute Mitarbeiter zu finden, wie wir sie haben, ist wirklich nicht einfach. Aber wir haben einen guten Zugang zum Arbeitsmarkt, profitieren von unserem guten Ruf in der Region und bekommen laufend Bewerbungen, so dass wir in allen Bereichen einstellen können.

Wir erleben, dass sich auf dem Arbeitsmarkt die Kräfteverhältnisse verschoben haben. Viele Arbeitnehmer können sich aussuchen, wo sie anfangen möchten. Was hat Presstec als Arbeitgeber zu bieten, was man anderswo nicht findet?
Blättner: Um diese Frage zu beantworten, muss man sich erinnern, was unser aller Motivation ist. Es geht darum, Freude bei der Arbeit zu haben und gutes Geld zu verdienen. Genau das bieten wir unseren Mitarbeitern: eine abwechslungsreiche, interessante Tätigkeit mit einer guten Grundentlohnung und einem Prämiensystem. Einen erheblichen Anteil unserer Gewinne geben wir an die Belegschaft weiter, weil unser Erfolg ja letztlich das Ergebnis einer Mannschaftsleistung ist und nicht der Geschäftsführung allein.   

Wo wir jetzt gerade auf die Büros von Presscontrol zusteuern: Seit Anfang des Jahres haben Sie noch als Geschäftsführer bei Presscontrol Verantwortung übernommen. Warum?
Blättner: Presscontrol ist hauptsächlich in den Bereichen Automatisierungstechnik und Technische Dienstleistungen tätig. Der Bedarf in der Umformtechnik ist sehr hoch – andere Märkte und Branchen haben sich dagegen deutlich schwieriger entwickelt. Wir sehen daher große Chancen in diesem Umfeld. Gerade mit Blick auf Projektmanagement und Vertrieb haben wir noch Potenziale, die wir jetzt realisieren wollen.  

Wenn ich vor meinem geistigen Auge das Pflichtenheft für ein größeres Pressenretrofit durchgehe, gibt es neben mechanischen Aufgaben auch viel aus dem Bereich der Elektrotechnik.
Blättner: Genau mit diesem Zusammenspiel können wir am Markt punkten und uns vom Wettbewerb absetzen. Triebfeder für das Retrofit von Pressen ist ganz häufig die notwendige Erneuerung der Elektrotechnik und die Mechanisierung des Teiletransports. Erst danach geht es um die weiteren mechanischen Maßnahmen.

…und um mehr Produktivität.
Blättner: Nicht immer. Sie müssen da ein bisschen differenzieren. Wenn Sie eine Presse modernisieren, geht es um die Verbesserung der Betriebssicherheit, der Unfallsicherheit und um eine verbesserte Produktivität. Auch wenn die Maschine nach der Modernisierung noch genau so viele Hübe pro Minute macht (weil man den Antrieb nicht verändert hat), können Sie mit mehr Produktivität rechnen, weil es einfach seltener zu Störungen kommt.

Bleibt es dabei, dass es mit Presstec und Presscontrol zwei jeweils selbstständige Firmen gibt?
Blättner: So lange Presscontrol in Geschäftsbereichen erfolgreich unterwegs ist, die mit Umformtechnik nichts zu tun haben, macht es absolut Sinn, dass es zwei eigenständige Firmen sind. In diesen Zusammenhang passt auch, dass Presscontrol den Geschäftsbereich der Technischen Dienstleistungen kräftig ausbauen möchte. Hinzu kommt: Je mehr Branchen man bedient und je mehr Standbeine man hat, desto resistenter ist man gegen konjunkturelle Schwankungen in einzelnen Wirtschaftsbereichen.

Auf der anderen Seite ist es so, dass die Presstec-Gruppe als Ganzes immer größer wird. Damit werden Prozesse, Kommunikation und Abläufe immer wichtiger.
Blättner: Wir optimieren das Projektmanagement in beiden Firmen und arbeiten parallel an einer besseren Verzahnung. Abgebildet wird das alles in unserem ERP-System. Im Vergleich zur Situation vor ein paar Jahren planen wir unseren Erfolg heute viel akribischer als früher und haben z.B. bei Presstec eine weitere Stelle für Planung geschafft.

Sie haben Mitte 2014 angekündigt, die Gesamtleistung des Unternehmens mittelfristig auf rund 40 Millionen Euro zu steigern.
Blättner: Wir sind auf einem guten Weg und haben es 2013 und 2014 geschafft, unseren Umsatz um jeweils 25 Prozent zu steigern. Ich bin  sehr zuversichtlich, dass uns dies auch 2015 wieder gelingen wird.

Mit welchem Umsatz haben Sie das Geschäftsjahr 2014 letztlich abgeschlossen?
Blättner: Wir haben in der Gruppe – also Presstec und Presscontrol zusammengenommen – eine Gesamtleistung von knapp 20 Millionen Euro erwirtschaftet.

Man kann gut sehen, an wie vielen Retrofit-Projekten Ihre Leute gerade arbeiten. Kommt man vor diesem Hintergrund eigentlich noch dazu, genügend Energie in Bau und Konstruktion eigener Pressen zu stecken?
Blättner: Der Neubau hydraulischer Schmiedepressen ist seit längerem schon das zweite große Standbein von Presstec. Und auch damit sind wir aktuell sehr erfolgreich, weil wir auf eine Win-Win-Situation setzen. Wir erzielen gute Preise mit auskömmlichen Margen. Unsere Kunden wiederum freuen sich, dass sie bei uns günstiger kaufen als beim Wettbewerb und Maschinen mit hervorragendem Preis-Leistungs-Verhältnis erwerben.

Das war jetzt der Werbeblock …
Blättner: Nun, wir möchten dieses Geschäftsfeld ja auch weiter forcieren. Das Geschäft läuft aber mittlerweile außerhalb Europas, schwerpunktmäßig auf dem gesamten amerikanischen Kontinent, in Russland und Asien. In den USA sind wir mit einem Vertriebsbüro und einem Servicepartner bereits am Markt und dürfen für die nächste Zeit mit einigen neuen Aufträgen rechnen.

Macht es denn Sinn, die Maschinen in Kehl herzustellen und sie dann über den Großen Teich zu bringen?
Blättner: Sie spielen auf die Frage nach einem eigenen Werk in den Staaten an. Dafür ist es aber noch zu früh. Wir wollen unseren Marktanteil signifikant verbessern, setzen auf die Zusammenarbeit mit Partnern und es spielt uns in die Karten, dass die Transportkosten bei kleinen und mittelgroßen Maschinen nicht groß ins Gewicht fallen und mit dem Freihandelsabkommen TTIP wohl auch bald die Zölle verschwinden werden.

Russland lassen wir aus politischen Gründen mal beiseite – aber Sie haben ja vorhin selbst auch Asien als potenziellen Markt genannt. Fahren Sie dort die gleiche Strategie wie in Amerika?
Blättner: Das wird leider nicht gehen. Dafür sind die Lohnkosten und das allgemeine Preisniveau zu unterschiedlich. Ich fürchte, wenn man in Asien an den Markt will, muss man auch vor Ort produzieren lassen, sonst hat man keine Chance.

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